Donnerstag, 24. Februar 2011

"Man, da hast du aber mal einen Guttenberg gebaut!"

Als Student füllt man schon mal für kleine Proseminararbeiten einen Zettel aus, auf dem steht, man hätte seine Arbeit selbst und ohne fremde Hilfe angefertigt. Nun wird diese Arbeit wohl sowieso keiner lesen, als der jeweilige Dozent, der diese korrigiert (vielleicht noch Eltern oder Kommilitonen beim Korrekturlesen). Dieser „wissenschaftliche“ Minimaltext ist vielleicht nur eine Zugangsvoraussetzung zum Vordiplom.
Trotzdem gibt es so einige Dozenten, die sich nicht hinters Licht führen lassen wollen und spätestens bei einem Verdachtsmoment, wenn zum Beispiel das sprachliche Niveau im Fließtext schwankt, das ganze durch Computerprogamme jagen, die die Arbeit auf Plagiatsstellen hin untersuchen.
Bestätigen sich die Verdachtsmomente des Betrugs (ja, es ist BETRUG!), dann kann der kleine Student mit Konsequenzen rechnen. Als Kommilitone könnte man sich darüber belustigen und den Sprachgebrauch anbringen: „Man, da hast du aber mal einen Guttenberg gebaut!“
Aber so leicht, wie für einen Guttenberg ist das für einen Studenten nicht. Da helfen keine Briefchen an die Universität, man würde ja auf seinen „Proseminarstitel“ (den es ebensowenig gibt, wie den des Doktors) verzichten, oder gar eine kleine Rede im Büro des Professors halten, in der man erklärt, man hätte ja so und so viele Nebenjobs, um sich das Studium zu finanzieren, der Hund wäre krank gewesen und überhaupt: „Ich dachte, mir gelänge die Quadratur des Kreises und mein Blödsinn tut mir leid“.
Nein, für so einen „Blödsinn“ wird einem das Vordiplom aberkannt, ein Doktor ohnehin. Ein Student an der Universität der Bundeswehr wird da schon mal degradiert (vlg.: http://www.sueddeutsche.de/muenchen/bundeswehruniversitaet-muenchen-degradiert-wegen-kopierter-hausarbeit-1.1064118)
Auch ehrliches Bitten und Flehen würde nichts helfen. Man ist ein einfacher Student und „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“.
Außer, ja, außer, man ist ein bekannter aufstrebender Politiker. Da kennt man sich und erhofft sich Gefälligkeiten. Da schaut man schon bei der Abgabe der Doktorarbeit gar nicht so genau hin und drückt selbst dann noch ein Auge zu, wenn der Betrug offen auf dem Tisch liegt und sieht von weiteren (strafrechtlichen) Konsequenzen ab.
Während in der Politik vieles nur über Kontakte und Persönlichkeit läuft und man gerne argumentieren kann, man könne zwischen Dr. Guttenberg und dem Minister trennen, wie jüngst Frau Merkel verkünden ließ, ist die Frage ob eine Universität nicht nach anderen Gesichtspunkten urteilen sollte, als in politischen Machtgefilden so üblich.
Man kann sich schon gar nicht mehr aufregen über die politischen Strukuren, in denen es um Wählerfang geht, was zu einer flexiblen Gestaltbarkeit von Werten führt. Wo Glaubhaftigkeit über Ehrlichkeit, Sich-Verkaufen-Können über Authentizität, Sympathie, Ansehen und Persönlichkeit über Inhalt geht. Dr. Vitamin-B findet sich hier sicher in bester Gesellschaft und die Umfragewerte bestätigen seine Strategie.
Nur von den Universitäten erwarte ich irgendwie mehr. Vielleicht ist es aber ein idealistisch verklärtes Bild von einer Bastion, die nicht mit Zweierlei maß misst, je nach eigener Interessenlage, sondern die Ideen von Wissenschaftlichkeit, Forschung, Streben nach Objektivität und Nachprüfbarkeit selbst trägt und anderen Gesellschaftssystemen kritisch entgegen hält.

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